Stellungnahme der Partnerschaft für Demokratie Friedrichshain-Kreuzberg zur aktuellen Kampagne „Vorurteile“ von Demokratie leben!
Rassismus ist kein Vorurteil!
Dass Rassismus mit Vorurteilen beginnen würde, ist ein Vorurteil. Ein weißes Vorurteil, das über 500 Jahre rassistisch legitimierte/motivierte Gewalt, Sklaverei, Elend, Morden, Diskriminierung und Ausbeutung zu einem nachrangigen Aspekt von Rassismus degradiert. Den Anfang von Rassismus in Vorurteilen zu sehen, ist ahistorisch und führt im Umkehrschluss zu zahnlosen „Gegenkampagnen“, die zentrale Aspekte von Rassismus ausblenden. Eine Definition von Rassismus wie hier von Prof. Dr. Maisha-Maureen Auma kann hilfreich sein, ein umfassenderes Verständnis zu erlangen:
„Rassismus ist eine Lehre, die eine hierarchische Unterscheidung von Menschen vornimmt. Grundlage dieser Unterscheidung sind biologische Merkmale, die als wesentliche Voraussetzung für soziale und kulturelle Leistungsfähigkeit sowie für gesellschaftlichen Fortschritt gedacht werden. Mithilfe dieser Gedankenkonstruktion lassen sich Trennungen entlang einer Beteiligungsachse anordnen: Auf der einen Seite finden sich Menschen, Gruppen und Gesellschaften, die als ›überlegen‹ und infolgedessen als herrschende ›Norm‹ gelten; auf der anderen Seite finden sich Menschen, Gruppen und Gesellschaften, die als ›unterlegen‹ dargestellt und als Abweichung entworfen sind. Ein wesentlicher Grund für die Schaffung einer solchen Rangordnung sind ökonomische, materielle, kulturelle, intellektuelle und soziale Ressourcen, deren ungleiche Verteilung mit rassistischen Argumenten begründet, gerechtfertigt, kontrolliert und auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens durchgesetzt wird.“ (Quelle)
Vorurteile sind ein Ausdruck von Rassismus. Dahinter steht aber eine wirkmächtige Ideologie. Wer Rassismus konsequent entmachten will, muss hier deutlich tiefer ansetzen. Noch einmal Prof. Dr. Maisha-Maureen Auma zum Thema: „Rassismus lenkt unsere Wahrnehmung, unsere Deutung und unsere Verarbeitung von sozialen Informationen. Rassismus als System besteht aus alltäglichen Wahrnehmungshilfen, genauer: aus Wahrnehmungsfiltern. Diese Filter bestimmen, wie wir soziale Gehalte einschätzen oder Situationen bewerten, wie wir auf zwischenmenschlicher Ebene agieren oder welche kollektiven Bezugnahmen für uns von Bedeutung sind.“ (Quelle) Auch hier wird deutlich, dass die Verkürzung der Ursachen von Rassismus auf Vorurteile dem Thema (und der Gewalt, die durch Rassismus unsere Gesellschaft umfassend prägt), nicht gerecht wird.
Die Kampagne des Bundesprogramms Demokratie leben! sollte sich auf das konzentrieren, was sie ist: Eine Kampagne gegen Vorurteile. Die Verantwortlichen sollten die Kampagne dahingehend überarbeiten, dass sie den Bezug zu Rassismus entweder herausnehmen oder in Auseinandersetzung mit Schwarzen Expert*innen glaubhaft in einen Entwicklungsprozess für eine rassismuskritische Kampagne eintreten.
Berlin, im März 2021
Begleitausschuss der Partnerschaft für Demokratie Friedrichshain-Kreuzberg
Koordinierungs- und Fachstelle der PfD Friedrichshain-Kreuzberg